Redebeitrag zu Konsequenzen aus dem Brand von Moria

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unser Ansatz ist es in erster Linie, zu helfen: Hilfe in der Not und nach dem Maß der Not. Und eine schnelle und effektive Hilfe kann am ehesten vor Ort geleistet werden. Schon insofern zeigen Ihre beiden Anträge, dass es Ihnen und uns um völlig unterschiedliche Ziele geht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen helfen. Sie wollen eine Ideologie und Ihre migrationspolitischen Fehlvorstellungen durchsetzen.

(Widerspruch bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Endlich merken Sie es!)

Wir wollen eine bessere Situation für die Menschen in Griechenland. Sie wollen ein anderes Deutschland. Das ist es, was Sie wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Übrigens ein Deutschland, dessen einmalige Hilfsbereitschaft Sie mit Ihrem Ansatz aufs Äußerste gefährden wollen; denn es gibt immer noch einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, dass wir in der Not helfen wollen. Aber diesen Konsens dürfen Sie nicht in einen Willen zur grenzenlosen Zuwanderung umdeuten. Dafür haben wir kein Mandat der Bevölkerung!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der AfD)

Sie wollen ein Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen von Linken und Grünen, dessen Asylrecht Sie faktisch abschaffen mit dem, was Sie fordern. Sie sprechen in Ihrem Antrag darüber, dass wir alle 12 000 Personen aus Lesbos und auch alle Personen von den anderen griechischen Inseln aufnehmen sollen. Sie wissen schon, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass darunter eine große Anzahl von Personen ist, deren Asylantrag abgelehnt worden ist. Dieser Aspekt kommt in Ihren Überlegungen offenbar überhaupt nicht mehr vor.

Diese Ihre Politik würde dazu führen, dass sich die Situation auf den griechischen Inseln nur kurzfristig verbessern und danach noch viel schlimmer werden würde.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kuffer, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung?

 

Michael Kuffer (CDU/CSU):

Nein, jetzt nicht. – Sie würde einen Pullfaktor setzen und dafür sorgen, dass sich genau jene Zustände wiederholen würden mit 25 000 Personen im Lager Moria, die seinerzeit die Regierung Tsipras verantwortet hat – ein Mitglied Ihrer Parteienfamilie, Frau Jelpke, der Europäischen Linken.

Ihre Politik würde dazu führen, dass wir nicht nur das deutsche Asylrecht abschaffen, sondern auch das europäische Asylsystem auf Dauer beerdigen können, weil wir eine europäische Lösung endgültig unmöglich machen. Und sie würde dazu führen, dass wir ein noch viel größeres Problem für die Griechen schaffen würden: dass Brandstiftungen – und auch das muss man offen ansprechen – in solchen Unterkünften in Zukunft um ein Vielfaches wahrscheinlicher wären, anstatt sie in Zukunft zu verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD] – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Sie haben nichts verstanden!)

Genau deshalb hat die griechische Regierung überdeutlich erklärt, dass sie die Menschen nicht von den Inseln runterbringen, sondern das Problem vor Ort lösen will. Auch darüber können wir nicht einfach hinweggehen. Sie können die Haltung der griechischen Regierung nicht einfach wegdiskutieren.

Unter diesen Rahmenbedingungen und mit diesen Überlegungen meine ich, dass die Bundesregierung eine sehr menschliche und eine sehr verantwortungsvolle Entscheidung getroffen hat. Ich sage es noch mal: Wir helfen vor Ort. Wir bemühen uns mit Nachdruck um eine europäische Lösung, die Sie unmöglich machen wollen. Und wir evakuieren die 400 Familien, bei denen dies Sinn ergibt, weil ihrem Asylantrag stattgegeben worden ist, weil kleine Kinder beteiligt sind und weil sicher ausgeschlossen ist, dass diese Menschen auch nur irgendetwas mit der Brandstiftung zu tun haben.

Wir sagen klar: Wir helfen denen, die es am härtesten getroffen hat. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, heben wir den Blick über die abstrakten Zahlen auf konkrete Einzelfälle und auf Einzelschicksale. Wir machen die Situation von Menschen zu unserem Handlungsmaßstab und machen keinen Überbietungswettbewerb in Zahlen. Wer in so einer Situation nur über Zahlen redet und nicht über Schicksale, dem geht es nicht um echte Hilfe, sondern ausschließlich um Ideologie.

(Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wollen Verantwortung übernehmen; Sie wollen feilschen.

In Richtung der AfD sage ich, Herr Gauland, aber auch ganz deutlich: Wer Flüchtlinge kollektiv als Brandstifter bezeichnet, ist selbst ein Brandstifter in der gesellschaftlichen Debatte.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Auch damit können Sie den nächsten Brand in einem Flüchtlingsheim provozieren, auch in einem in Deutschland; das sage ich Ihnen ganz ausdrücklich. Deshalb werden wir Ihre geistige Brandstiftung nicht zulassen.

Der ganz überwiegende Teil der Menschen in Deutschland trägt Ihren Hass und den von Ihren braunen Gesinnungsgenossen und von Ihrem unerträglichen rechtsextremistischen Mob nicht mit. Die Bürger wollen, dass wir helfen, und deshalb unterstützen sie auch unseren Kurs aus der Kombination von Hilfe vor Ort und Aufnahme besonders hart betroffener Gruppen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Am Anfang war es ja vernünftig, Herr Kuffer, am Ende wieder nicht! Es ist furchtbar mit der CDU!)

Druckversion