Redebeitrag zur Nachhaltigkeit von Klima- und Umweltschutz

Kommen wir doch zum Thema zurück, zur Nachhaltigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD)

Was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit?

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin, damit ich alle Kollegen gleichbehandle: Bitte reden Sie erst den Präsidenten an, nicht als Person, aber als Institution.

Gitta Connemann (CDU/CSU):

Was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit, lieber Herr Präsident, meine Damen und Herren?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In den letzten Tagen habe ich das viele Menschen gefragt; denn das Thema Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt dieser Woche, übrigens auf Initiative, lieber Ralph Brinkhaus, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Antworten waren ganz unterschiedlich: Kinder, Wald, gesunde Ernährung, gute Finanzen, solide Arbeit usw.

Eine junge Landwirtin hat es für mich auf den Punkt gebracht: Nachhaltigkeit heißt: Es muss alles zusammenpassen. – Leider haben immer mehr Menschen in dieser Gesellschaft das Gefühl: Es passt nicht mehr. – Denn Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt haben sich entfremdet. Das gegenseitige Verständnis fehlt: Das beklagt übrigens der Jugendliche, der für die Umwelt auf die Straße geht, ebenso wie der mittelständische Betriebsinhaber, der sich überfrachtet sieht.

(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Manche haben daran aber auch kein Interesse – so ehrlich müssen wir sein –; denn wir leben in einer Welt, in der Ideologie sich auszahlt. Wer nicht skandalisiert, bekommt kaum Gehör, keinen Einfluss, keine Spenden, und das ist ein großes Problem.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nachhaltigkeit geht anders. Sie ist eine Gemeinschaftsaufgabe: des Staates, des Bürgers und der Wirtschaft. Wir sind an dieser Stelle alle gefordert; denn jeder kann und jeder muss etwas machen. Wer lebt es uns vor? Fachleute, echte Fachleute. Die Fachleute für natürliche Lebensgrundlagen in diesem Land sind unsere Landwirte, unsere Waldbauern, unsere Gärtner, unsere Winzer, unsere Fischer und, und, und.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Aussage wird Sie vielleicht wundern; denn in der Öffentlichkeit wird ein anderes Bild von Landwirtschaft gezeichnet, ein Zerrbild. Darunter leiden unsere Bauernfamilien. Bei jedem Hofbesuch höre ich inzwischen: Unsere Kinder werden in der Schule gemobbt. Wir werden beschimpft: „Klimakiller“, „Insektentöter“. – Das dürfen wir nicht zulassen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es sind die Bauern, die wissen, was Boden, Pflanzen, Bäume und Tiere brauchen. Sie leben in, mit und für die Natur, übrigens Tag für Tag, morgens wie abends. Fakt ist: Die größten Klimaschützer in Deutschland sind unsere Waldbauern, und das seit Jahrhunderten. Sie sind übrigens die Erfinder der Nachhaltigkeit; denn sie haben gelernt: Ich darf nur so viel fällen, wie auch nachwächst.

Es wächst eine Menge nach in Deutschland, in unseren Nutzwäldern; denn jeder Hektar Wald bindet 8 Tonnen CO2 pro Jahr. Das ist so viel, wie ein Mensch an CO2 in Deutschland erzeugt: 1 Hektar Wald kompensiert den CO2-Ausstoß eines Menschen und liefert damit übrigens auch den bedeutendsten nachwachsenden Rohstoff in Deutschland, und das ist regionales Holz. Ohne Nutzung keine Nachhaltigkeit!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen treibt uns auch um, dass selbsternannte Experten den Verzicht auf die Waldbewirtschaftung fordern. Das ist nicht nur verantwortungslos – denn Holz aus Ländern, in denen viel niedrigere Standards gelten, müsste importiert werden –, sondern es bricht die Nachhaltigkeit.

Zurzeit leidet der Wald unter Stürmen, Dürren, Borkenkäfern. Die Holzmärkte sind zusammengebrochen. Wenn wir wollen, dass unser Wald Klimaschützer Nummer eins bleibt, müssen wir die Waldbewirtschafter unterstützen. Auf Initiative der CDU/CSU-Bundestagsfraktion könnte unsere Bundesforstministerin, Julia Klöckner, über 500 Millionen Euro zusätzlich verfügen – könnte! Dafür müsste aber der Bundesfinanzminister eine Richtlinie freigeben, die seit Wochen in seinem Haus liegt. Lieber Herr Kollege Scholz, wenn Sie da wären – ich hoffe, es wird Ihnen bestellt –: Lassen Sie die Waldbauern nicht hängen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was für den Wald gilt, gilt auch für das artenreiche Grünland. Das ist kein Zufallsprodukt: Die Weiden sind entstanden, weil Landwirte sie bewirtschaftet haben, und zwar über Generationen hinweg. Liebe Frau Kollegin Schulze, Sie haben gerade gesagt: An den Taten sollt ihr sie messen. – Ja, messen Sie die Landwirte an diesen Taten. Dann wissen Sie: Grünland ist ein Alleskönner. Dieser Alleskönner bindet CO2,er ist ein Paradies für Flora und Fauna, und er ist durch Nutzung entstanden. Deshalb ist Ihre Überlegung, diese Nutzung zu verbieten, genau der falsche Reflex; denn damit würden Sie das Gegenteil erreichen. Grünland ohne Bewirtschaftung verbuscht – Artenvielfalt adieu. Ohne Nutzung keine Nachhaltigkeit. Überlegen Sie es sich doch bitte noch einmal!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir wirklich Nachhaltigkeit wollen, dann müssen wir dreierlei tun: Erstens. Setzen wir uns mit den Landwirten und Waldbauern an einen Tisch; denn ohne sie gibt es keinen Artenschutz und auch keinen Klimaschutz. Honorieren wir, zweitens, endlich ihre Leistungen; auch das ist wichtig.

(Zurufe)

Das Dritte ist: Lassen Sie uns zusammenarbeiten, damit der Satz der jungen Landwirtin stimmt: Es muss alles zusammenpassen. – Und dann passt es auch wieder.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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