Redebeitrag zum Mietrecht

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Lay, Sie haben ja recht. Wir waren uns in der Tat am Anfang, zu Beginn der Coronapandemie, einig, dass wir selbstverständlich Mietern helfen müssen, und genau das haben wir doch getan. Wir haben ein kraftvolles Paket auf den Weg gebracht, mit dem wir Kündigungen für die Monate April, Mai und Juni ausgeschlossen haben, weil es uns als Koalition wichtig war, dass die Menschen, die jetzt wirtschaftliche Sorgen haben, nicht auch noch Angst haben müssen, ihr Dach über dem Kopf zu verlieren. Deswegen haben wir das gemacht, und ich finde es auch nach wie vor richtig, dass wir das so auf den Weg gebracht haben.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Und die haben jetzt keine Sorgen mehr?)

Aber man muss auch sehen, dass das natürlich ein tiefgreifender Eingriff in bestehende Verträge ist. Und da, wo es auf der einen Seite Mieter gibt, gibt es auf der anderen Seite eben auch Vermieter, und die treffen wir mit dieser Regelung genauso. Da muss man schon mal genau hinschauen.

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Welcher Vermieter verliert sein Dach über dem Kopf? Kein einziger!)

So wie Sie das jetzt hier darstellen – dass in jedem Falle die Mieter immer die Schwächeren sind –, ist es doch nicht.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Es geht doch nicht um gut oder schlecht! Es geht um zahlungsfähig! Das ist auch eine moralische Frage!)

Sie kennen doch ganz genau den Fall Adidas, wo ein Milliardenkonzern auf einmal unter Berufung auf diese Regelung gesagt hat: „Jetzt zahle ich meine Miete nicht mehr“, und der Vermieter auf der anderen Seite auf einmal in ganz arge wirtschaftliche Bedrängnis gekommen ist. Genau das ist doch der Punkt: Wir müssen hier zu einer differenzierten Lösung kommen, und genau das haben wir auch gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit den Mieterinnen und Mietern?)

Wir sagen: „Das ist ein tiefgreifender Eingriff“ – das wird, glaube ich, auch niemand von Ihnen bezweifeln –, und dafür brauchen wir eine Rechtfertigung. Die Rechtfertigung war, dass wir am Anfang noch keine Instrumente hatten, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzumildern, und unsere sozialen Sicherungssysteme eben nicht so schnell und so flexibel darauf haben reagieren können. Die innere Logik dieses Kündigungsmoratoriums war, dass wir gesagt haben: Wir brauchen diese Zeit, diese drei Monate, um unsere sozialen Sicherungssysteme zu ertüchtigen. – Und genau das haben wir auch gemacht.

Wir haben flexibilisiert. Wir haben die Hilfen unbürokratisch und schnell ausgestaltet. Wir haben das Wohngeld flexibilisiert.

(Zuruf des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben das Kurzarbeitergeld eingeführt. Wir haben die Regelung bezüglich der Kosten der Unterkunft so gestaltet, dass es bei all den Menschen, die jetzt, weil sie vielleicht wirklich in wirtschaftliche Not gekommen sind, ALG II beziehen müssen, keiner Vermögensprüfung bedarf. Es muss auch niemand aus seiner Wohnung ausziehen, weil sie zu groß, weil sie nicht angemessen ist. All das haben wir ausgesetzt. Wir haben zahlreiche Hilfsmaßnahmen auf den Weg gebracht, von den großen DAX-Konzernen bis hin zu den Solo-Selbstständigen.

Ich will Ihnen mal was sagen: Diese Hilfen wirken; diese Hilfen funktionieren. Gerade einmal 0,3 Prozent der Mieterinnen und Mieter im großen Berliner Wohnungsverband BBU mit 700 000 Wohnungen haben um Stundung gebeten.

(Ulli Nissen [SPD]: Dann hätten wir es auch verlängern können!)

Das zeigt: Wir haben entschlossen gehandelt, und die Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, haben tatsächlich auch gewirkt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt sind wir in einer Situation, in der wir sehen, dass die Maßnahmen wirken. Wir alle miteinander haben das Ziel, dass wir die Wirtschaft langsam wieder ans Laufen bekommen, damit wir wieder Schritte in Richtung Normalität gehen können. Es eint uns doch hier, dass wir mit Wumms aus der Krise herauskommen wollen, wie unser Koalitionspartner sagen würde.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Und was ist, wenn ich mit Wumms die Wohnung verliere?)

Deswegen haben wir als Unionsfraktion gesagt: Es wäre doch jetzt ein fatales Signal, wenn wir nach drei Monaten, in denen wir Schritte in Richtung Normalität gehen, sagen würden: Jetzt verlängern wir alle diese Maßnahmen, die am Anfang der Krise richtig gewesen sind. – Jetzt, wo wir schon ein paar Schritte weiter sind, wo wir darauf reagiert haben, wo wir flexibilisiert haben, wo wir unbürokratisch Hilfe leisten können, die auch funktioniert, da wäre es doch genau das falsche Signal.

Deswegen haben wir gesagt: Wir können einer solchen Verlängerung nicht zustimmen. – Ich glaube, dass es richtig ist, nicht zuzustimmen. Wir müssen jetzt unsere Kräfte darauf konzentrieren, die Hilfsmaßnahmen so anzupacken, dass wir wirtschaftliche Kraft entwickeln. Wir haben heute den Nachtragshaushalt, ein Milliardenpaket, beschlossen und damit ein riesiges Zukunfts- und Kraftpaket auf den Weg gebracht. Damit müssen wir den Menschen Hoffnung geben, dass sie wieder Arbeit haben, dass sie Hilfe bekommen und dass wir wieder zur Normalität zurückkommen – und jetzt nicht solche sozialistischen Planspiele machen, wie es Die Linke uns mit ihrem Antrag vorgibt. Das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der LINKEN)

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