Den INF-Vertrag als Grundpfeiler atomarer Sicherheitsarchitektur und Kernelement europäischer Sicherheit erhalten

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir führen eine sehr wichtige Debatte, geht es doch um fundamentale Fragen von Freiheit und Sicherheit.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben Ihren Antrag überschrieben mit „Glaubhafter Einsatz für Nukleare Abrüstung“. Den Satz „Einsatz für Nukleare Abrüstung“ können wir in diesem Hohen Hause sicher alle unterschreiben; aber wenn Sie mit „glaubhaft“ meinen, nur Sie kennen den richtigen Weg, dann muss ich das scharf zurückweisen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Ich respektiere grundsätzlich Ihren Einsatz für internationale Abrüstung; aber gerade der INF-Vertrag, der im Mittelpunkt dieser Debatte steht, zeigt doch, dass wir mit Papiertigern keinen Millimeter vorwärtskommen.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie jetzt Ihren Antrag, oder?)

Wir alle wollen eine atomwaffenfreie Welt. Das ist unser und auch mein großer Wunsch, und daran müssen wir weiter arbeiten. Aber in der Realität brauchen wir dafür die Nuklearmächte. Sie wissen genau, dass das bisher bei allen wichtigen Abrüstungsabkommen der Fall war.

Deutschland engagiert sich in dieser nicht nur wichtigen, sondern überlebenswichtigen Frage, ob mit der intensiven Werbung für den Atomwaffenteststopp-Vertrag, im Zuge der Debatte über die UN-Resolution zum Verbot der Herstellung von spaltbarem Material oder durch unsere Rolle im aktuellen Überprüfungszyklus des Atomwaffensperrvertrags, um hier nur einige herausragende Initiativen zu nennen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen den INF-Vertrag unter allen Umständen bewahren. Das ist hier auch Konsens. Deswegen haben wir mit unserem vorliegenden Antrag die Debatte angestoßen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in seiner gestrigen Rede hat der russische Präsident neue atomare Waffensysteme angekündigt: neue Waffentypen, die ohne großen Vorlauf zum Einsatz kommen können, und Raketen mit praktisch unbegrenztem Aktionsradius. Putin will die Welt in eine neue Aufrüstungsspirale zwingen. Das zeigt, dass ein verstärkter Dialog dringend notwendig ist. Deutschland kann und muss hier ein wichtiger Brückenbauer sein kann.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hampel von der AfD-Fraktion?

Thomas Erndl (CDU/CSU):

Nein, er kann im Anschluss etwas sagen.

Umso erstaunlicher ist es, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und auch von anderen Parteien, ernsthaft den Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe der NATO zu fordern. Das stellt aus meiner Sicht ein großes, ja ein unverantwortbares Sicherheitsrisiko dar.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie doch selber beantragt 2010! Kollektive Amnesie!)

Deshalb haben wir – und das ist der aktuelle Standpunkt – mit der SPD im Koalitionsvertrag festgehalten, dass, solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im strategischen Konzept der NATO eine Rolle spielen, wir ein Interesse daran haben, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben. Aber wir haben gleichzeitig festgehalten, dass Rüstungskontrolle und Abrüstung prioritäre Ziele verantwortlicher deutscher Außen- und Sicherheitspolitik bleiben.

Diese Ziele erreichen wir nur aus einer selbstbewussten Position der Stärke heraus. Deswegen ist für mich wichtig, dass wir Deutschland mit der vereinbarten Steigerung des Verteidigungsetats stark und verteidigungsfähig halten, dass wir in Europa mit PESCO in der Verteidigung künftig gemeinsame Wege gehen, dass der Abrüstungsdialog weiterhin im Zentrum unserer Handlungen steht, dass auch digitale Schlachtfelder – so muss man das seit dieser Woche wohl leider nennen – in sicherheitspolitische Überlegungen einbezogen werden. So sieht verantwortungsvolle Sicherheitspolitik aus.

Meine Damen und Herren, vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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