Drittes Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (Drittes Staatsangehörigkeitsänderungsgesetz)

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch heute haben wir leider wieder eindrücklich zu hören bekommen, wie die AfD versucht, uns hier vorzuführen.

(Lachen und Beifall bei der AfD)

Ich sage Ihnen eines: Wir als Union brauchen uns beim Thema „doppelte Staatsbürgerschaft“ von Ihnen nicht vorführen zu lassen. Das tun wir auch nicht. Und wir werden uns auch nicht jagen lassen, wie Sie es versuchen.

(Stephan Thomae [FDP]: Ein untauglicher Versuch!)

Wir haben beim Thema „doppelte Staatsbürgerschaft“ eine ganz klare und deutliche Position und brauchen erst recht keine Belehrungen von der sogenannten Alternative. Eine Staatsbürgerschaft ist mehr als ein Bonbon, das man einfach einmal so mitnimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Beatrix von Storch [AfD]: Sogenannt christlich!)

Sie ist für mich Ausdruck der tiefen Verbundenheit mit dem Land, in dem man lebt. Sie zeigt für mich die Verwurzelung in dieser Gesellschaft und das Bekenntnis zu den damit verbundenen Rechten und Pflichten. Man übernimmt mit ihr Verantwortung. Nach der prägnanten Formulierung von Joachim Gauck treten auch zu uns Zugewanderte in unsere Verantwortungsgemeinschaft ein. Einfach einen Pass zu bekommen, damit man es bei der Einreise einfacher hat, ist mit der Union nicht möglich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der AfD)

Die CDU hat mit dieser klaren und einfachen Position bereits 1999 die Wahl in Hessen gewonnen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das waren noch Zeiten mit Roland Koch!)

Auch auf dem Bundesparteitag der CDU haben wir uns deutlich für die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft und für die Einführung der Optionspflicht im Grundsatz ausgesprochen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Aber nichts daraus gemacht!)

Die Optionspflicht – wir kommen noch dazu, warum sie noch immer besteht; da war ein Fehler in der Rede des Kollegen Curio – halte ich für eine sinnvolle Regelung für Menschen, die hier geboren sind und deren Eltern Ausländer sind. Sie sollen entscheiden, ob sie sich für das Land und die Gesellschaft der Eltern verantwortlich fühlen. Oder sie können Verantwortung für unser Land übernehmen, indem sie den deutschen Pass annehmen. Niemand kann – aus meiner Sicht – zwei Gesellschaften dienen; immer wieder wird es Loyalitätskonflikte geben. Wer länger in unserem Land lebt, soll und darf sich auch zu diesem bekennen können.

Die französischen Hugenotten zum Beispiel, die vor 200 Jahren eingewandert sind, sind auch alle Deutsche geworden und haben sich zu unserem Land bekannt.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das war die gleiche Kultur! Das können Sie mit Syrien nicht vergleichen!)

Ich darf Ihnen ein Beispiel für einen gelungenen Integrationsprozess geben und dafür, wie wichtig es ist, sich für eine Sache zu entscheiden. Cheema Sukhdev Singh kam vor zehn Jahren mit seiner Frau als Inder in meine Heimatstadt. Er betreibt dort ein Restaurant, beschäftigt vier bis sechs Angestellte und zahlt gut und gerne Steuern und Sozialabgaben. Wir verstehen uns blendend und können vortrefflich über Politik streiten. Voller Stolz hat er mir letzten September berichtet, dass er einen Termin zur Einbürgerung bekommen hat.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: „Voller Stolz“!)

Am 28. September letzten Jahres ist er deutscher Staatsbürger geworden. Als ich ihn im Oktober wieder besuchte, zeigte er mir voller Freude seine Ausweise, die Einbürgerungsurkunde und auch den durchgestrichenen indischen Pass. Für ihn war klar: Er möchte hier in Deutschland leben, ihm gefällt unsere Heimatstadt Torgau sehr. Deshalb legte er die indische Staatsbürgerschaft ab und nahm voller Stolz die deutsche an. Als Krönung – das darf ich hier noch sagen – ist er sogar CDU-Mitglied geworden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen und Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mehr geht nicht!)

Das ist ein Weg, der zeigt, dass man sich nicht nur formell zu einem Staat bekennt, sondern auch inhaltlich in diesem mitarbeiten möchte. Es braucht mehr solcher Beispiele; denn sie sind der Schlussstein einer erfolgreichen Integration und ein Bekenntnis zu unserem Land.

Die CDU Sachsen schlussfolgerte auf ihrem letzten Landesparteitag richtigerweise: Die doppelte Staatsbürgerschaft hat sich als Integrationshindernis erwiesen.

(Beifall bei der AfD – Dr. Alice Weidel [AfD]: Das sieht Ihre Kanzlerin aber anders!)

Deshalb lehnen wir es ab, dass Kinder ausländischer Eltern in Deutschland automatisch Deutsche werden. Der Optionszwang muss wieder gelten. Wer wirklich Deutscher werden will, braucht keine weitere Staatsbürgerschaft.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Ganz entspannt.

Nun können Sie sich fragen, warum wir der AfD nicht zustimmen. Weil unsere Begründungen für die Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft diametral – wirklich diametral – unterschiedlich sind.

(Widerspruch bei der AfD)

Ein Blick in die Begründung Ihres Gesetzentwurfs belegt das auch. Schon die Begriffswahl mit der unverhohlenen Herabschätzung von Nichtdeutschen,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Stimmt nicht! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

im Text „Fremdstaatler“ und „fremdkulturelle Personen“ genannt, zeigt Ihr abermaliges Anliegen von Abschottung, Ausgrenzung und Diskriminierung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Es gibt keinen kulturellen Bezug! Nehmen Sie das zur Kenntnis!)

Ihr Text suggeriert ganz einfach: Das Problem sind die Ausländer. Für das Problem haben Sie sogar einen Namen gefunden: die Türken. Dabei gibt es laut Statistik mindestens genauso viele russische wie türkische Doppelstaatler.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Wendt, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion.

Marian Wendt (CDU/CSU):

Wir verschließen uns den Debatten nicht, und deswegen lasse ich sie zu.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Im Gegensatz zu Herrn Curio! Der lässt ja nichts zu!)

Jan Ralf Nolte (AfD):

Vielen Dank, Herr Kollege. – Sie haben gerade gesagt, dass Sie uns in der Sache schon zustimmen. Da hier auch eine ganze Menge Bürger zusehen, frage ich Sie: Können die für sich mit nach Hause nehmen, dass Sie bei der Politik, die Sie machen, die Dinge nicht nach ihrem Inhalt und der Wirkung, die sie entfalten, beurteilen, sondern nur danach, von wem sie kommen?

(Beifall bei der AfD)

Marian Wendt (CDU/CSU):

Herr Kollege, wenn Sie mir richtig zugehört hätten, hätten Sie bemerkt, dass ich mich inhaltlich mit Ihren Argumenten und der Begründung Ihres Gesetzentwurfs auseinandergesetzt habe. Ich habe nicht gesagt, dass ich es ablehne, weil es von Ihnen kommt.

(Zuruf von der AfD: Doch!)

Nein, ich habe Ihnen das beschrieben. Sie werden von mir gleich sogar noch Weiteres dazu hören, warum wir das inhaltlich konkret ablehnen. Von daher gibt es von meiner Seite kein Problem, und von daher sehe ich an dieser Stelle auch keinen Konflikt. Ich werde gleich sogar noch erläutern, warum die Optionspflicht aktuell weiter besteht. Sie sollten sich einmal intensiver und auch inhaltlich mit den Gesetzen dieses Landes auseinandersetzen und nicht nur pauschal in Überschriften und Buzzwords denken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir waren beim Punkt der statistischen Daten. Es gibt in Deutschland genauso viele türkische wie russische Doppelstaatler. Aber das verschweigen Sie einfach. Warum? Weil Sie dann die Russen als einer „fremdstaatlichen“, „nichtaufgeklärten Lebenskultur entstammend“ bezeichnen müssten, so wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf mit den Türken machen. Dieser Doppelmoral kann man nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Für die Union hat eine Staatsbürgerschaft vor allen Dingen auch etwas mit Stolz, Verantwortung und Werten zu tun. Aber diese Worte kommen in Ihrem Gesetzentwurf gar nicht vor. Sie sind nur vom Negativen geprägt.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist völliger Unsinn!)

Es liegt auf der Hand, dass die Hand, die diesen Gesetzentwurf geschrieben hat, von Hass geführt wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie einen Blick in das aktuelle Ausländerrecht werfen würden, würden Sie feststellen, dass die Optionspflicht im Grundsatz bestehen bleibt. Denn es kann nur derjenige einen doppelten Pass erhalten, der sich integriert hat. Dafür haben wir ganz harte Kriterien definiert, die sich an der Dauer des Aufenthaltes, am Spracherwerb und auch am Stand der Ausbildung orientieren. Grundsätzlich muss man sich also entscheiden, es sei denn, man hat gewisse Ausnahmetatbestände erfüllt, die davon zeugen, dass man ein Bekenntnis zu diesem Land und seinen Werten abgelegt hat.

Ich darf abschließend für die Unionsfraktion feststellen: Wir sind grundsätzlich für die Beibehaltung der Optionspflicht bis zum 23. Lebensjahr. Sie ist für uns eine Kernforderung, und wir werden dafür sorgen, dass die deutsche Staatsbürgerschaft weiterhin für die Werte Freiheit, Stolz und Verantwortung steht und die Bürgerinnen und Bürger sich dahinter versammeln können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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