Zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internatio

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erwin Teufel hat einmal formuliert: „Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit“. Das trifft in der Politik nicht nur generell zu, sondern in ganz besonderer Weise auch dann, wenn wir über die Reform eines gemeinsamen europäischen Asylrechts sprechen.

Wenn wir die Realität betrachten, dann müssen wir in der Tat zugeben, dass Dublin III gescheitert ist, dass Dublin III in guten Zeiten funktioniert hat, in schlechten Zeiten aber die Randstaaten Europas total überforderte. Darüber hinaus haben letztlich auch die Reparaturmaßnahmen an Dublin III nicht funktioniert, weil die Entscheidungen, die die Staats- und Regierungschefs im September 2015 getroffen haben – die Relocation-Programme –, auch nach zwei Jahren nicht umgesetzt werden konnten, sodass von den ursprünglich geplanten 160 000 Flüchtlingen lediglich 27 000 umverteilt werden konnten.

Wenn man das zugrunde legt und auch in Rechnung stellt, dass wir die Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise für Deutschland und Europa nicht bewältigt haben, sondern dass sie in Zukunft wahrscheinlich eher noch größer werden, ist es, glaube ich, nur konsequent, jetzt auch die Grundlagen dafür zu legen, dass wir für schlechtere Zeiten gerüstet sind. Deswegen muss man sich mit diesen Themen beschäftigen.

Dazu gibt es entsprechende Diskussionsbeiträge, beispielsweise von der grünen und von der linken Fraktion, die allesamt untauglich sind. Ich will das einmal so pauschal formulieren. Das gilt übrigens genauso für die aktuelle Beschlusslage im Europäischen Parlament. Auch sie hilft nicht dabei, zu einer Lösung zu kommen und gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen zu finden. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn man sich den erweiterten Familienbegriff ansieht, den das EP beschlossen hat, und wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass auch Transitfamilien, also Familien, die erst auf der Flucht entstanden sind, davon umfasst werden sollen.

Wenn man das alles in Rechnung stellt, dann muss man sagen: Das ist genauso wenig ein Beitrag zur Lösung wie die Aussage, dass man sich, wenn Ankerpersonen vorhanden sind, frei entscheiden kann, in welchem Land man Asyl haben möchte. Das ist keine Lösung – jedenfalls keine, die für uns akzeptabel ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn man sieht, wie lange wir bei der Lösung dieser Aufgabe schon auf der Stelle treten, ist es, glaube ich, richtig, dass man jetzt nicht das Trennende, sondern das Verbindende in Europa sucht. Deswegen, denke ich, war es richtig von der Bundesregierung, zu sagen: Wir kümmern uns nicht als Erstes um das, was am stärksten umstritten ist, nämlich um einen permanenten Verteilmechanismus, sondern wir kümmern uns zuerst um die Fragen, die tatsächlich konsensfähig sind.

Ich glaube, dass man schon zugeben muss, dass es aus der Sicht einzelner Mitgliedstaaten durchaus konsequent ist, nicht nur über einen Verteilmechanismus, sondern auch darüber zu sprechen, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen man eigentlich nach Europa kommen kann. Deswegen ist die Reihenfolge, die hier gewählt wurde, glaube ich, durchaus richtig und akzeptabel.

(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Beispiel Familiennachzug!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, dass es auch ein richtiger Ansatz ist, über die sicheren Herkunftsstaaten zu sprechen. Es ist richtig, darüber zu sprechen, dass es keine abschließende europäische Liste geben sollte, bei der man sich auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner trifft, sondern dass natürlich auch nationale Festlegungen dauerhaft parallel dazu möglich sein müssen.

Wir müssen uns auch darum kümmern, dauerhafte Bleibemöglichkeiten für die Schutzbedürftigen zu finden, während wir es andererseits all den anderen nicht durchgehen lassen, dass sie das Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention missbrauchen, um hierherzukommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn man sich mit den Zahlen beschäftigt, dann sieht man: Im letzten Jahr gab es 603 000 Asylverfahren in Deutschland. 4 300 waren nach Artikel 16a des Grundgesetzes schutzbedürftig, also weniger als 1 Prozent, und gerade einmal 120 000 waren nach der Genfer Flüchtlingskonvention schutzbedürftig. Das waren insgesamt weniger als 20 Prozent. Wir brauchen klare Antworten für Deutschland und Europa darauf, wie wir das handhaben wollen.

Die gemeinsame europäische Asylpolitik ist die falsche Antwort, wenn man erreichen will, dass die Menschen, die man schützen will, zu uns kommen können. Das, was Sie vorschlagen – insbesondere die Fraktion Die Linke –, würde letztlich die Aufgabe unseres Anspruchs an Recht und Ordnung bedeuten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

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