Rede zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Freude habe ich vernommen, dass die FDP mit ihrem Antrag auf Ausweitung von Kinderwunschbehandlungen sich des Themas der Fortpflanzung annimmt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist die zentrale Aufgabe der Gesellschaft, sich der Weitergabe des Lebens anzunehmen und dafür entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, dass in der Bundesrepublik Familien und werdende Familien unterstützt werden. In Artikel 6 des Grundgesetzes ist dies verfassungsrechtlich verbürgt. Die FDP will mit ihrem Antrag nun eine Ausweitung der Kinderwunschbehandlungen erreichen.

Auch ich denke, unsere Gesellschaft sollte eine kinderfreundlichere Gesellschaft werden. Aber wie kann unsere Gesellschaft eine Gesellschaft werden, die der Weitergabe des Lebens mehr Achtung schenkt? Ich finde, dass dies auf eine andere Art und Weise geschehen sollte, als von der FDP in ihrem Antrag gefordert. Mir geht es dabei nicht darum, ob etwas verboten oder erlaubt werden sollte. Mir geht es darum, ob ich etwas für so förderungswürdig halte, dass es von allen Bürgern bezahlt werden soll. Die Art und Weise, wie sich der Staat des Themas annehmen sollte, und meine darauf beruhenden Überlegungen zu dem Thema möchte ich im Folgenden darlegen.

Der Antrag der FDP auf Ausweitung von Kinderwunschbehandlungen fußt ja auf der Überzeugung, dass es ein Recht auf Elternschaft gebe.

Als Mediziner kann ich Ihnen sagen: Ein Recht auf Elternschaft gibt es leider nicht.

(Beifall der Abg. Franziska Gminder [AfD])

Das Leben ist immer ein Geschenk, und auch die Weitergabe des Lebens muss als Geschenk gesehen werden. Mit Kinderwunschbehandlungen kann man zwar nachhelfen, dass es zum Geschenk einer Elternschaft kommt,

(Katja Suding [FDP]: Eben!)

aber ein Recht lässt sich hieraus nicht ableiten.

(Katja Suding [FDP]: Wer sagt denn das?)

Die Reproduktionsmedizin ist auch nicht in allen Fällen ein erfolgreiches und zuverlässiges Allheilmittel bei Kinderlosigkeit. Die Diskussion über künstliche Befruchtung muss daher differenziert geführt werden.

(Beifall der Abg. Dr. Bettina Hoffmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine künstliche Befruchtung stellt einen gravierenden medizinischen Eingriff dar, der erhebliche Nebenwirkungen wie Überstimulation mit sich bringen kann. Zudem führt nur jede siebte Behandlung überhaupt zu einer Geburt. Ein Eingriff, der nicht erfolgreich ist, hat häufig erhebliche psychosoziale Folgen für die Betroffenen. Daher ist es richtig, dass einem entsprechenden Eingriff eine Beratung vorangestellt wird.

Sinnvoll ist auch, dass der Bundesgesetzgeber sowie die Krankenkassen bestimmte Vorgaben für die Bezuschussung definieren. So sind für die Bezuschussung ein gewisses Alter sowie eine möglichst stabile Beziehung der Betroffenen und damit auch der möglichen Kinder wichtige Voraussetzungen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dem entspricht auch das Bundessozialgericht mit seiner Entscheidung, dass Krankenkassen keine Leistungen bei nichtverheirateten Paaren erbringen dürfen; denn nur in dem Institut der Ehe existiert die gesetzliche Verpflichtung zur Verantwortungsübernahme. Sie ist die einzige Form, die Paaren einen Anspruch auf gegenseitigen Unterhalt, Versorgungsausgleich und Erbschaft garantiert. Von dieser Sicherheit für beide Partner profitieren unmittelbar auch die Kinder. Wenn der Staat den weitreichenden Schritt einer künstlichen Befruchtung aktiv finanziell unterstützt, sollte er im Sinne der Kinder auch Bedingungen für eine größtmögliche Stabilität formulieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Des Weiteren bin ich aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus gegen eine Ausweitung der Kinderwunschbehandlungen. Meiner Überzeugung nach ist der Mensch nämlich ein Geschöpf, entspringend aus der schöpferischen Liebe zweier Geschlechter, die sich idealerweise dann auch dieses Geschöpfs annehmen und Verantwortung hierfür tragen. Für mich stellt sich damit vielmehr die Frage: Was können wir als Gesellschaft im Allgemeinen, als Bundestag im Speziellen tun, um Eltern in ihrer wichtigen Aufgabe zu unterstützen? Was können wir tun, dass sich wieder mehr Paare für die Weitergabe des Lebens entscheiden?

(Dr. Christian Jung [FDP]: Wer hat die Rede geschrieben?)

Da ist es für mich entscheidend, dem Wert des Lebens als solchem wieder einen anderen Stellenwert zu geben. Konkret sollte daher nicht die Kinderwunschbehandlung ausgeweitet werden, sondern Frauen, die bereits in Schwangerschaft sind und in Konfliktsituationen stehen, sollten vom Staat besser betreut werden.

Schauen wir uns die Zahlen an. Die Abtreibungen in Deutschland nehmen ab, und zwar nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch im Verhältnis pro Geburt. Das große Aber: Immer noch werden pro 100 Geburten in Deutschland 13 werdende Menschen abgetrieben. Fast 100 000 Abtreibungen werden derzeit in Deutschland pro Jahr vorgenommen, und zwar weit über 90 Prozent nach Beratungsgespräch. Das heißt, in mehr als neun von zehn Fällen liegen bei der Schwangerschaft weder Krankheit noch Gefährdung der Mutter vor. Wir haben also über 90 000 Abtreibungen pro Jahr. Gleichzeitig werden aber knapp 4 000 Kinder pro Jahr in Deutschland adoptiert, und davon nur 1 500 Kinder von nichtverwandten Personen.

Gleichzeitig ist in Deutschland fast jedes zehnte Paar ungewollt kinderlos. Bisher gestaltete sich das Adoptionsverfahren aber äußerst kompliziert und langwierig. Es gibt mehr als genug Adoptionswillige, aber viel zu wenige zur Adoption freigegebene Kinder. Auf ein zur ­Adoption freigegebenes Kind kommen circa sieben Bewerber. Hier müssen wir ansetzen. Werdende Mütter müssen auch finanziell stärker unterstützt werden. Insbesondere müssen wir in die Hilfe bei Schwangerschaftskonflikten investieren und die betroffenen Frauen unterstützen. Die Zahl der Abtreibungen muss weiter gesenkt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Wir müssen auch die Adoptionsverfahren weiterentwickeln, das Adoptionsgesetz modernisieren und in die Aufklärungsarbeit über Abtreibungen investieren. Das halte ich für vordringlich gegenüber Ihrem Vorschlag.

Zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung. In meiner Tätigkeit als Arzt in der Inneren Medizin musste ich erleben, wie fragil das Leben ist; aber ich durfte auch das Geschenk erleben, Leben zu erhalten. Und wenn wir das Leben wieder mehr als Geschenk betrachten und nicht als etwas von uns Gemachtes, dann gewinnt das Leben und die Weitergabe des Lebens wieder an Bedeutung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Es braucht also eine innere Umkehr der Betrachtung. Leben ist ein Geschenk, nicht ein bestellbares Produkt. Das heißt, der Gesellschaft selbst muss wieder bewusst gemacht werden, wie wertvoll das Leben ist. Und der Staat hat die Aufgabe, das Leben in jedem Stadium zu schützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

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