Rede zur Rückzahlung der IWF-Finanzhilfe - Portugal

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hätte das gedacht? Als Portugal im Jahr 2011 seine europäischen Partner um Finanzhilfen bat, war das Land von einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise gezeichnet. Die Arbeitslosigkeit war enorm gestiegen, portugiesische Zehnjahresanleihen lagen Anfang 2011 bei einem Zinssatz von fast 7 Prozent. Das waren über 4 Prozentpunkte mehr, als etwa Deutschland zu zahlen hatte. Wann das Land wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen würde, stand in den Sternen. Ohne externe Hilfe jedenfalls – das war damals klar – würde das kaum gelingen.

Für die portugiesische Regierung war damals aber auch klar: Im Gegenzug für die Unterstützung – am Ende wurden Hilfsgelder im Umfang von fast 77 Milliarden Euro gewährt, von denen zwei Drittel von den beiden europäischen Rettungsschirmen EFSF und EFSM und ein Drittel vom IWF bereitgestellt wurden – würde man sich zu umfassenden Reformen verpflichten müssen. Das war ohne Zweifel bittere Medizin, es waren schwierige Reformen und Veränderungen; es bedeutete auch Einschnitte, die vorzunehmen waren. Aber es war – das ist eben das, was wir heute feststellen können – am Ende wirksam: Das portugiesische Staatsdefizit wurde enorm zurückgeführt. Es liegt nun, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, aktuell deutlich unter 3 Prozent und wird wahrscheinlich bald sogar unter 2 Prozent liegen. Die portugiesische Wirtschaft wächst, die defizitäre Leistungsbilanz wurde nachhaltig verbessert.

Die Arbeitslosigkeit, die einmal erheblich höher lag, ist mittlerweile auf unter 10 Prozent gesunken. Allein letztes Jahr sind etliche neue Jobs entstanden. Das zeigt also: Durch das Anpassungsprogramm, durch die Reformen, die im Rahmen dieses Hilfsprogramms miteinander vereinbart wurden, hat Portugal Erfolg gehabt. Es hat den Zugang zurück zu den Kapitalmärkten gefunden, kann sich also selbst wieder refinanzieren, und das Land steht wirtschaftlich und finanziell wieder auf eigenen Beinen.

Das ist noch kein Grund zur Euphorie; wir sind noch nicht durch. Aber es ist erst einmal ein Zeichen dafür, dass Reformen und Veränderungen wirken. Wir haben keinen Mangel an Schulden in der Euro-Zone. Es sind auch nicht Schulden, die am Ende über die Probleme hinweghelfen, sondern es geht darum, teilweise auch harte Reformen durchzubringen, um Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliches Wachstum wiederzuerlangen. Dann lässt es sich vor allem eben auch mittel- und langfristig wieder auf eigenen Beinen stehen. Das zeigt Portugal, und das ist Anlass zur Freude, auch heute am Donnerstagabend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das zeigt eben auch – darum geht es in diesem Antrag –, dass Portugal wieder eigene Möglichkeiten hat, an die Finanzmärkte zu gehen. Portugal will jetzt sogar vorzeitig einen Teil der IWF-Kredite, der Kredite des Internationalen Währungsfonds, zurückzahlen. Insgesamt geht es dabei um 9,4 Milliarden Euro, die in den nächsten 30 Monaten in einzelnen Tranchen vorzeitig zurückgezahlt werden sollen.

Um Portugal dies zu ermöglichen, müssen wir als europäische Geldgeber auf die Anerkennung der sogenannten Parallelitätsklausel verzichten. Es war eigentlich vorgesehen, dass dann, wenn Portugal an den IWF zurückzahlt, es parallel auch an die europäischen Geldgeber zurückzahlen müsste, es sei denn, wir sagen ausdrücklich, dass das nicht notwendig ist. Wir brauchen heute die Zustimmung des Deutschen Bundestages, damit wir in den Gremien in Europa in der nächsten Woche zustimmen können.

Wir befürworten das sehr und ausdrücklich, weil es Portugal entlastet. Die IWF-Kredite sind relativ teuer, über 4,5 Prozent Zinsen sind zu zahlen. Das ist deutlich mehr, als Portugal an den Kapitalmärkten zahlen müsste. Es entlastet Portugal dann eben beim Zinsdienst und wird damit den Schuldenstand um ein Drittel Prozentpunkt des portugiesischen Bruttoinlandsprodukts entsprechend senken.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Portugal eine vorzeitige Rückzahlung an den IWF leistet. Es gab schon vor zwei Jahren eine solche Zahlung in zweistelliger Milliardenhöhe, und auch da können wir in der Rückschau sagen: Das war eine richtige Entscheidung, weil es eben die Zinskosten für Portugal gesenkt und entsprechend Spielraum für Wachstum und Investitionen geschaffen hat, aber vor allem eben auch Vertrauen auf den Finanzmärkten stärkte.

Schauen wir uns für die Bewertung einmal alle fünf Programmländer an. Über vier Programmländer diskutieren wir im Moment kaum, weil wir eigentlich nur über eines diskutieren, über Griechenland. Zu den Programmländern gehören aber auch Portugal, Spanien, Zypern und Irland. Auch diese vier Länder waren in der schweren Finanzkrise darauf angewiesen, dass die europäische Solidarität gilt. Diese Solidarität haben wir mit den Rettungsschirmen gezeigt. Es war aber immer klar: Solidarität gibt es nur gegen Solidität, gegen die Bereitschaft zu Reformen, also zu Veränderungen, damit man das Problem bei den Wurzeln packen kann.

Eines ist dabei wichtig: Es geht nicht um dieses große Wort der Austerität, um das Sparen um des Sparens willen. Im Übrigen war die Frage der Haushaltsdisziplin immer nur ein kleiner Bestandteil der notwendigen Reformen. Am Ende geht es darum, dass man durch Strukturreformen zu wirtschaftlichem Wachstum kommt, damit die Länder wieder in der Lage sind, auf eigenen Beinen zu stehen. Heute gehören diese genannten vier Länder zu den Ländern mit den höchsten Wachstumsraten in der Euro-Zone. Wir sehen, dass die Arbeitslosigkeit in diesen Ländern zurückgeht und sie, wie Portugal, in der Lage sind, Kredite vorzeitig zurückzuzahlen.

Abschließend sei all denjenigen, die auch in diesen Monaten, Wochen und Tagen das Heil der Euro-Zone in mehr Schulden suchen, zugerufen: Wir haben keinen Mangel an Schulden in der Euro-Zone; wir haben einen Mangel an Wettbewerbsfähigkeit und einen Mangel an Strukturreformen. Portugal hat gezeigt, was Reformen bringen können. Andere Länder wollen über Schuldenschnitte diskutieren. Portugal will vorzeitig zurückzahlen, und das sollten wir honorieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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