Rede zu effektivere und praxistauglichere Strafverfahren

Ich tue, was ich kann. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Fechner, Ihre Aussage, dass wir mit diesem Gesetz mehr Vergewaltiger verurteilen könnten, wenn die Union nicht wäre,

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Ja!)

bedarf natürlich der Kommentierung durch mich;

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das überrascht mich nicht!)

das wird Sie nicht überraschen. Ich möchte an dieser Stelle schon darauf hinweisen, dass wir heute vor allem deswegen mehr Vergewaltiger verurteilen können, weil wir einen neuen Straftatbestand haben, nämlich den berühmten Grundsatz „Nein heißt Nein“.

(Marianne Schieder [SPD]: Aber bestimmt nicht wegen der Union!)

Für diesen Straftatbestand hat die Union gekämpft,

(Widerspruch bei der SPD)

dafür haben die Frauen in der Union und glücklicherweise auch die Frauen in der SPD gekämpft, aber leider nicht der SPD-Bundesjustizminister. Diese Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Maas wollte das auch nicht! Da haben Sie recht!)

Aber ich nehme Sie als geläutert wahr. Sollten wir wieder einmal rechtspolitische Koalitionsverhandlungen führen, können wir gerne über die Versuchsstrafbarkeit beim Cyber Grooming verhandeln. Das ist uns nämlich ein großes Anliegen, das aber die ganze Zeit von der SPD blockiert wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, dass ich als letzter Redner zwei Teilaspekte aus dem Gesetzespaket, das uns vorliegt, herausgreife. Zunächst noch ein paar Sätze zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens. Der Titel sagt es schon: Es geht um Verfahrensvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung. Wir alle kennen ja aus dem Studium den Satz: Die Strafe soll der Tat auf dem Fuße folgen.

Es geht um bestimmte Komponenten, die – ich will es einmal so sagen – eine Straffung des Befangenheitsrechts darstellen, das – die Praktiker wissen das – in der Vergangenheit immer wieder gezielt zur Verfahrungsverzögerung missbraucht worden ist – so muss man es schon fast nennen –, und zwar, wie die Kollegin Winkelmeier-Becker eben gesagt hat, zum Beispiel durch die Formulierung des Ablehnungsgesuchs kurz vor Beginn der Hauptverhandlung. Dem wollen wir einen Riegel vorschieben. Die Hauptverhandlung kann jetzt beginnen und bis zur Verlesung des Anklagesatzes fortgesetzt werden. Zudem hat der Vorsitzende nun die Möglichkeit, eine Fristsetzung für die schriftliche Begründung des Ablehnungsgesuchs zu formulieren. Auch das führt letztlich dazu, dass Verfahren nicht weiter verschleppt werden.

Ich möchte auch noch einige Sätze zur Änderung des Beweisantragsrechts sagen. Auch das ist mittlerweile leider ein sehr missbrauchsanfälliger Bereich. Hier wird neu eingeführt – ich habe das in der ersten Lesung schon skizziert –, dass der Vorsitzende nach Ende der Beweis­aufnahme eine angemessene Frist setzen kann, binnen der weitere Beweisanträge gestellt werden dürfen; danach ist das eben einfach nicht mehr möglich.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir hier einen praxistauglichen Instrumentenkasten haben, der letztendlich dazu führt, dass wir die Strafverfahren werden straffen können.

Im zweiten Teil meiner Rede möchte ich noch ein paar Sätze zum Fahrverbot als Sanktion sagen; das ist die eigentliche Zielsetzung meiner Berichterstattung. Sie kennen die Rechtslage. Bisher ist es so, dass es das Fahrverbot als Sanktion nur dann gibt, wenn die Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht. Diese Verbindung wollen wir aufheben, und das aus guten Gründen.

In einem Rechtsstaat manifestiert sich der staatliche Strafanspruch in der Verurteilung. Strafe und auch Nebenstrafe sollen das Tatunrecht sühnen, Genugtuung für das Opfer sein und auf den Täter einwirken. Diese dritte Komponente, diese Spezialprävention, ist im Jugendstrafrecht noch einmal sehr viel intensiver. Hier steht der Erziehungsgedanke über allem. Man will auf den Täter, der im jugendlichen Alter noch formbar ist, einwirken. Deswegen glaube ich, dass es richtig ist, dass nach dem vorliegenden Entwurf der Instrumentenkasten an Nebenstrafen erweitert wird und auch ein Fahrverbot zulässt, wenn die Straftat nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen wird.

Das Fahrverbot bleibt Nebenstrafe. Im Erwachsenenstrafrecht wird die Dauer von maximal drei Monaten auf maximal sechs Monate erhöht; im Jugendstrafrecht bleibt es bei drei Monaten, eben wegen des Erziehungsgedankens. Das Fahrverbot soll in Betracht kommen, wenn es zur Einwirkung auf den Täter erforderlich scheint und – das kommt dem Täter ja zugute – zur Vermeidung einer Freiheitsstrafe zielführend ist. Wir erhoffen uns hiermit ein Instrument, das effektiv einwirken kann, nämlich zielgenau, spürbar und der Schuld angemessen. Ich glaube, wir sind hier auf dem richtigen Weg.

Ich will noch ein Missverständnis aus dem Weg räumen, weil das immer wieder proklamiert wird: Die Anhörung hat sehr deutlich ergeben, dass sich vor allem die Praxis ein solches Instrument wünscht. Das wollen wir heute beschließen. Deswegen bitte ich um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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