Neuer Beauftragter für Asyl und Flüchtlinge im Interview

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Stephan Mayer, wurde am Montagabend in Berlin von der CSU-Landesgruppe zum Beauftragten für Asyl und Flüchtlinge ernannt. Mit csu-landesgruppe.de sprach er über Seenotrettung und den Schleppern im Mittelmeer.

Am Donnerstag haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU getroffen: Sie wollen die Mittel zur Seenotrettung verdreifachen. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Maßnahmen?

Stephan Mayer: Die Bundeskanzlerin hat drei Dinge besonders betont: zunächst müssen wir alles tun, damit Menschen nicht auf dem Mittelmeer sterben. Mit Seenotrettung alleine werden wir dieses Ziel nicht erreichen, denn das Mittelmeer ist ein riesiges Einsatzgebiet, für das es bei völlig überladenen, seeuntüchtigen Booten mit denen die Schlepper die Menschen aufs Meer schicken, nicht wirkliche Sicherheit geben kann. Deshalb ist es wichtig, dass künftig weniger Menschen die gefährliche Reise antreten. Dazu müssen wir den Schleppern mit allen Mitteln das Handwerk legen und die Lebensbedingungen der Menschen in den Herkunftsregionen verbessern. Diese und andere flankierende Maßnahmen sind auch in einem 10-Punkte Aktionsplan der EU Kommission vorgesehen, der am Montag bei einem Sondertreffen der Außen- und Innenminister der EU vorgestellt wurde.

Wie können vor Ort die Bedingungen so verbessert werden, dass die Menschen in Afrika eine Perspektive für ihr Leben sehen?

Mayer: Die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsstaaten, also die Bekämpfung der Fluchtursachen ist eine Herkulesaufgabe der Außen- und Entwicklungspolitik. Im Kern geht es um nichts Geringeres als um die Beseitigung von Armut und um die politische Stabilisierung ganzer Regionen. Die Situation in Syrien und Libyen zeigt, dass die Not dort am größten ist, wo Bürgerkrieg herrscht und staatliche Strukturen fehlen. In der Sub-Sahara Region steht hingegen die Armutsbekämpfung im Vordergrund.

Ein Punkt ist auch eine bessere Seenotrettung. Doch wie könnte diese funktionieren? Ist eine Neuauflage von Mare Nostrum nötig?

Mayer: Die von Frontex koordinierten Operationen Triton und Poseidon haben mehr Einsatzmittel zur Verfügung als die rein nationale Operation Mare Nostrum, die von der italienischen Regierung durchgeführt wurde. Der Aufwand für die Seenotrettung im Mittelmeer ist also seit dem Ende von Mare Nostrum im Oktober 2014 gewachsen. Das Mittelmeer sicher zu machen, wird jedoch mit keinem Aufwand möglich sein, denn ein seeuntaugliches Boot mit vielen Flüchtlingen an Bord kann schneller sinken als Rettung herbeieilt. Die Schlepperbanden haben sich zudem in der Vergangenheit auf die verbesserte Seenotrettung eingestellt und nutzen Boote, die für die gesamte Überfahrt ohnehin nicht taugen. Die Seenotrettung vollendet dann das Werk der Schlepper, denen es egal ist, ob ein Boot ankommt oder nicht.

Diskutiert wird darüber, Asylanträge bereits vor Ort zu bearbeiten. Was halten Sie davon?

Mayer: Deutschland ist in Europa Vorreiter bei den Hilfen für Schutzbedürftige: Über Aufnahmeprogramme des Bundes, der Länder und das Asylsystem haben wir mehr als 110.000 Syrer aufgenommen, hinzu kommt noch der Familiennachzug. Von den 630.000 in Europa gestellten Asylanträgen im vergangenen Jahr wurden mehr als 200.000 in Deutschland gestellt. Die Entgegennahme von Asylanträgen in den Fluchtländern ist kein Allheilmittel. Im Ergebnis würden die vielen im Verfahren Abgelehnten sich trotzdem auf den Weg nach Europa machen. Wenn wir weiterhin ein funktionierendes Asylsystem zum Schutz der Verfolgten haben wollen, muss es auch künftig einen Unterschied machen, aus welchen Motiven jemand nach Deutschland kommen will.

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